Heute will ich einmal zurück gehen an den Anfang dieser Depression. Was waren die Auslöser für die Erkrankungsperiode?
Ich blicke ein halbes Jahr zurück und es ist kurz vor Silvester 2020. Bei der Arbeit in der Steuerkanzlei merke ich, wie müde und abgeschlagen ich bin. Bereits wenn ich am Morgen in die Arbeit gehe, denke ich über den Feierabend nach. Ich schaue des öfteren auf die Uhr und wünsche mir es wäre 18.00 Uhr. Die Arbeit in der Kanzlei habe ich angenommen, weil ich spontan vom Lockdown überrascht wurde, nicht weil ich wirklich wollte.
Es war die Notwendigkeit, das Geld zu verdienen einen Traum zu finanzieren, der nicht mehr der meine ist. Weil ich für meine Handlungen einstehen will. Eigentlich fühle mich in dieser Zeit nur wirklich wach, wenn ich mit der Kamera unterwegs bin und Menschen treffe, fotografiere.
Doch kurz vor diesem Silvesterabend passiert etwas sehr Unerwartes. Es ist, als würde ich auch eine spirituelle Reise beginnen. Als rufe mich etwas zu sich. Ich kann es nicht genau beschreiben, aber ich beginne zu meditieren und finde etwas in mir – das anfängt zu klingen. Eine Seite, die gehört werden will.
Gleichzeitig bin ich von meiner Arbeit zu tiefst ermüdet. Sie erscheint mir so sinnlos, so leer. Steuererklärungen und Finanzbuchhaltung für andere Menschen – Monat für Monat immer das Gleiche. Und der 10. des Monats ist immer der 10. des Monats. Zeitdruck – Umsatzsteuer – Abgabetermine.
Ich mag nicht mehr. Kurz nach Arbeitsbeginn habe ich das Gefühl Luft zu buchen, Wolken hin- und her zu schieben. Keinerlei Sinnhaftigkeit und Spaß an dieser Arbeit, die mich doch bisher durch mein ganzes Leben begleitet hat, sogar oft an den Wochenenden. Ich – die ich immer pflichtbewusst und voller Einsatz war, mag nicht mehr. Kann mich nicht mehr aufraffen. 28 Jahre mit Unterbrechungen in diesem Beruf und es ist vorbei. Ende! Aus!
Ein tiefe Müdigkeit, Lustlosigkeit und auch Sinnlosigkeit schleicht sich langsam ein, wenig Hunger. Nichts scheint mehr wirklich Spaß zu machen. Alles erscheint so furchtbar anstrengend. Es ist als bewege ich mich in Zeitlupe unter Wasser. Und ich erkenne – wer da an meine Tür kloppft. Spätestens als meine Schlafprobleme und die Grübelattacken da sind – weiss ich, meine Depression ist wieder da. Langsam ziehe ich mich von allen Leuten zurück und beginne mich wieder zu verkriechen.